Meine Universidad de Burgos

Veröffentlicht auf von Jessica Haß

Die zweite Uniwoche hat begonnen, die Kurse sind gewählt und so langsam - aber auch nur langsam - kehrt der Unialltag ein. Zuvor mussten und müssen aber zahlreiche Hürden genommen werden.

Die Uni
Die Universidad de Burgos besteht aus fünf "ordentlichen" Fakultäten (Naturwissenschaften, Recht, Geisteswissenschaften, Wirtschaft und einem Polytechnikum) und drei Zentren für Arbeitswissenschaften, Pflegewissenschaften und Tourismus. Die Fakultäten verteilen sich auf drei Campus, wovon zwei im Westen der Stadt liegen (San Amaro und Milanera) und einer zentral bis nördlich (Vena). Ich studiere an mehreren Fakultäten, die sich aber alle auf dem Campus San Amaro befinden. Das Hauptgebäude ist von unserer Wohnung im Bezirk Fuentecillas aus in etwa 15 - 20 Minuten zu Fuß zu erreichen. Hauptgebäude und die juristische Fakultät sind im schönen, historischen Hospital del Rey (Foto 1 + 2) untergebracht, einer ehemaligen Zufluchtstätte für Pilger, die sich architektonisch vom modernen Rest der Uni mit ihrer etwas unterkühlten Architektur abhebt.

Kurse
Das Kursangebot der Uni lässt sich sehen und so war ich begeistert, als ich erfuhr, dass ich hier alles belegen kann, was mein Herz begehrt, egal in welcher Fakultät. Wenn ich wollte, hätte ich Verkehrsingenieurwissenschaften studieren können (aber wer sollte das schon wollen ;-) Gut, unser Mitbewohner Alberto anscheinend...). Ich belege Kurse aus den Geisteswissenschaften, audiovisueller Kommunikation und Politik: Kunstgeschichte I, Geschichte der spanischen Literatur, Kultur und Kommunikation im ersten Semester und im zweiten: Kunstgeschichte II, Internationale Beziehungen und Wirtschaftssystem Spaniens und der Welt. Es ist nun doch wieder ein bisschen mehr geworden, was ich noch alles so neben meiner Diplomarbeit mache... Etwas erstaunt war ich anfangs über die Kurszeiten. Ein Kurs umfasst mehr als 2 Semesterwochenstunden, meist eher 3 - 6 Stunden in der Woche. Dafür geht eine Unterrichtseinheit nicht 90 Minuten wie bei uns, sondern nur 50. Und Achtung: Vergesst das akademische Viertel. Die Stunden fangen sine tempore an (na ja gut, die spanischen obligatorischen 5 Minuten zu spät vielleicht, aber mehr nicht!). Die ersten Kurse beginnen um 8 Uhr morgens, die letzten enden um 21:30 Uhr. Etwa zwischen 14 und 15:30 Uhr wird man gar keinen Kurs belegen können, die Siesta gibt es doch tatsächlich auch an der Uni, etwas verkürzt allerdings. Ich habe es mit etwas Glück und Hin- und Herschieben geschafft, im ersten Semester jeden Tag um 11 aus der Uni raus zu sein und den Freitag sogar ganz frei zu haben (Und Samstag kommt das Sams...). Dafür muss ich täglich um 6:00 Uhr aufstehen, um um 7:30 Uhr die Wohnung zu verlassen. Da ist man müde, es ist dunkel und gerade mal 2 °C warm. *brr* Ich habe 10 Minuten, um den 15 Minuten währenden Weg zu meiner nächsten Veranstaltung zurückzulegen und danach wiederum 10 Minuten, um in einer Viertelstunde wieder zurück zu hechten. Also nicht mal Zeit für Kaffee zwischendurch.

Cafeteria
Dafür gibt es dann danach (vorausgesetzt, ich bin noch wach) einen schönen warmen Kaffee in der Cafeteria der wirtschaftlichen Fakultät. Sie befindet sich gleich gegenüber der zentralen Bibliothek (Foto 3) und es gibt Super-Kaffee aus der originalitalienischen Espressomaschine. Ein Café con Leche kostet gerade mal 75 Cent. Ein Bocadillo belegtes Brötchen) oder ein Stück Tortilla Espanola kosten oft auch gerade mal einen Euro. Dazu liegen in der Fakultät täglich ein - zwei große überregionale Tageszeitungen aus. Die Vanguardia und oft El Mundo. Was will man mehr?

Bürokratie
Als ich das erste Mal den Servicio de Relaciones Internacionales aufsuchte, war ich mehr als überrascht. Ich hatte ein gemütliches kleines Büro erwartet. Stattdessen hat die Abteilung ihren Sitz im großen Saal über der Bibliothek. Alle möglichen Uniservices sind in dem Chaos untergebracht, die einzelnen Abteilungen getrennt durch Standtafeln. In der Ecke des Servicio de Relaciones Internacionales, der sich um die Austauschstudenten kümmert, sitzen immer 3-4 nette junge Damen. Dafür musste ich die Tafel mit den Austauschpartnern der Uni neidvoll betrachten: eine lange Liste mit Partnern in vielen verschiedenen Städten diverser Länder in den unterschiedlichsten Studiengängen.
Was wir hier an Bürokratie zu überwinden haben, lässt sich sehen, dafür wurde uns aber auch alles ganz gut erklärt. Obwohl die Kurse am 29. September angefangen haben, hat man Zeit bis zum 31. Oktober, um sich zu immatrikulieren, also für die Kurse einzuschreiben, die man gewählt hat. Einerseit hat man so die Möglichkeit, sich die Kurse erst einmal in Ruhe anzugucken, bevor man sich entscheidet. Schließlich ist auch eine nicht zu unterschätzende Frage, ob man den Professor überhaupt versteht. Andererseits hat man ohne Immatrikulation keinen Zugang zum WiFi, kein Passwort für das Internet und damit keinen Zugang zu den Lehrmaterialien. Auch die Bibliothek kann man noch nicht nutzen und die Sportkurse nicht buchen. Für die Kurse muss man jedoch täglich Texte vorbereiten und Hausaufgaben anfertigen, was ohne das Material nicht möglich ist. Also schnell immatrikulieren, dachte ich mir. Dazu gibt man ein ausgefülltes Formular mit den gewählten Kursen ab. Eigentlich muss man noch ein Passfoto und seinen Ausweis mitbringen (man braucht hier für alle möglichen Verträge Passfotos und Ausweiskopien: Mietverträge, Internet...), aber die Sachen hatten sie von mir glücklicherweise schon. Bevor man seinen Internetzugang und den Uniausweis bekommt, muss man aber noch die Gebühr bezahlen. Da Erasmus die Studiengebühren übernimmt, bleibt ein Betrag von sage und schreibe 1,25 Euro Selbstbeteiligung. Diesen lächerlichen Betrag kann man aber nicht etwa an der Uni bezahlen. Nein, man muss zur Bank, um das Geld einzuzahlen. Das läuft hier bei sämtlichen Kursgebühren etc. so, auch an anderen Institutionen. Die Banken wiederum nehmen solche Zahlungen nur zwischen 8:30 Uhr und 10:30 Uhr an. Ich kam vorhin, gegen 12:00 Uhr, in die Caja Círculo bei uns an der Ecke. Alles war ganz ruhig, ich war die einzige Kundin. Ganz entspannt lächelte mich die Bankangestellte an. Nein, die 1,25 Euro könne ich jetzt nicht bezahlen, das geht nur zwischen 8:30 und 10:30 Uhr. Würde ich doch sehen, steht doch schließlich auf dem Schild.

Veröffentlicht in Die Uni

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