Meine Botellón

Veröffentlicht auf von Jessica Haß

An sich soll es für die Spanier ja ein Horror sein, wenn sich Deutsche einen Liter Bier auf nüchternen Magen hinunterkippen. Zum Alkohol wird immer etwas zu Essen gereicht, Tapas zum Beispiel. Das gilt jedenfalls für kultivierte Spanier. Unter Jugendlichen und Studenten hat sich mittlerweile auch hier der Brauch eingebürgert, sich zum Vorglühen auf der Straße zu treffen, um Alkohol zu trinken. Das nennen sie eine "Botellón" (etymologisch von botella - Flasche).

In der Nacht ist es auf den Straßen voller als tagsüber, besonders am Wochenende. Die Spanier sind ein sehr ausgehfreudiges Volk. Die Dichte an Bars und Diskotheken ist bei weitem höher als in anderen europäischen Ländern. Vor 2 Uhr nachts braucht man allerdings nicht zum Tanzen in eine Discothek zu gehen, da ist noch nicht viel los. Die Spanier fangen erst richtig an, wenn ich als Deutsche schon müde werde. Man trifft sich gegen neun oder zehn Uhr im Restaurant zur Cena, also dem Abendessen. Danach zieht man um in eine Bar und erst danach geht es zum Tanzen.

Oder, wie es die Jugend macht, man trifft sich vor dem Tanzen in Burgos an der großen Treppe neben der Kathedrale zur Botellón.

Wir sind nun schon seit 18 Tagen hier. Zwar haben wir einige Erasmus-Studenten im Sprachkurs kennengelernt, aber die Mehrheit der Kursteilnehmer waren Deutsche. Da der Servicio de Relaciones Internacionales der Uni noch keine Erasmus-Feier angekündigt hatte, entschlossen wir uns kurzerhand, alle Erasmusler zu Botellón und Fiesta auf der Straße "einzuladen". Die E-Mail-Adressen hatten wir und unser Vorschlag stieß bei allen auf große Begeisterung. Jetzt haben wir endlich viele nette Franzosen, Italiener, Mexikaner, Brasilianer und Portugiesen kennengelernt - und alle miteinander Spanisch gesprochen. Die Engländer haben wir - sagen wir mal - gesehen. Die Mädels waren schon bei ihrer Ankunft so betrunken, dass sie sich sicher an niemanden von uns erinnern werden. Da wir allein schon zu fünfzigt waren, besetzten wir bereits gegen 1 Uhr die Diskotheken, weil wir sie beinahe alleine füllen konnten. Der Eintritt ist in Burgos vielfach, aber nicht überall, kostenlos. Vor allem auf dem Platz neben der Kathedrale geht nachts die Post ab. Hier reiht sich Bar an Bar und Disco an Disco. Auf der anderen Seite gibt es übrigens auch einen ausgesprochen leckeren Döner.

In der Bar, in der wir zunächst waren, wurde gute Musik gespielt. In Spanien gibt es übrigens viel mehr populäre spanische Musik, als nationale Musik bei uns gehört wird. Die Stimmung war estupendo, bis auf die Tatsache, dass einige von uns auf der Toilette eingeschlossen waren. Ich übrigens als erste - toll, wenn man sich in engen abgeschlossenen Räumen, aus denen man nicht herauskommt, so wohl fühlt wie ich... Ich wurde zum Glück nach einigen Minuten von dem Barmann befreit. Das Schloss der Toilette war kaputt. Nach mir mussten erst noch einige chicas mein Schicksal teilen, bevor er es endlich reparierte. Die Spanier sind in diesen Dingen eben eher etwas ruhigeren Gemüts.

Veröffentlicht in Spanische Kultur

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