Meine Wohnungssuche

Veröffentlicht auf von Jessica Haß

Die Universidad de Burgos bietet den Erasmus-Studenten im Vorfeld ihrer Ankunft an, für alojamiento temporal, eine Unterkunft auf Zeit, zu sorgen und ein Zimmer in einem Hostal oder Hotel zu reservieren. Für organisierte Menschen mit einem gewissen Kontrollzwang ist es eine eher eine unangenehme Vorstellung, in ein fremdes Land zu fliegen, in dem man für 9 Monate leben wird und dabei nicht einmal zu wissen, wo man wohnen wird. Da andererseits die Vorstellung, aus der Ferne irgendein Loch zu mieten, das man sich nicht einmal angucken kann, genauso unangenehm ist, lässt man sich eben auf das Abenteuer ein. Ungemein lebensschulend übrigens. Aber immerhin: Generationen von Erasmus-Studenten haben es so gemacht und es wohl irgendwie überlebt. Wir auch.

Martin und ich flogen am 10. September mit einer Billigairline (aber so billig war der Flug dann leider trotzdem nicht...) von Berlin nach Madrid. Von Madrid fahren alle ein, zwei Stunden Busse, die so genannten interurbanos, in andere Städte. Auch nach Burgos gibt es eine direkte Verbindung. Nicht mal teuer, nur 18 Euro pro Person. Da ich nun eher zu oben genannten Menschen gehöre, die vorher alles ganz genau wissen müssen, war ich auch gut vorbereitet. Das hielt ich aber eigentlich für normal. Ich hatte im Internet die Adressen des Flughafens, der Autobusbahnhöfe in Madrid und Burgos recherchiert, ebenso wie die Adresse des Hostals und die entsprechenden Verbindungen. Zwei Erasmus-Companeras (und zwar deutsche) haben mir jedoch mittlerweile von ihrer Odyssee erzählt, irgendwie in das Hostal zu gelangen. Am Flughafen von Bilbao belauschte man zufällig eine rothaarige Pilgerin, die von ihrer bevorstehenden Wanderung auf dem Camino de Santiago ab Burgos erzählte. Man kam ins Gespräch und verfolgte die Dame zum Busbahnhof. Da sie das gleiche Ziel verfolgte, konnte das ja nicht falsch sein. Es funktionierte auch tatsächlich. Bis man in Burgos nach der Adresse des Hostals fragte und zur Antwort bekam, diese Adresse gäbe es hier nicht. Panik. Natürlich existiert die Straße doch und nach einem Anruf im Hostal (immerhin: die Telefonnummer hatten sie mit) schaffte man es dann auch irgendwie, da anzukommen, um dann die Rothaarige wieder zu treffen und sie aus Dankbarkeit durch Hinzufügen eines zusätzlichen Betts ins Zimmers bei sich aufzunehmen. Die Pilgerin hatte nicht einmal eine Unterkunft reserviert und sah sich mit der Situation konfrontiert, dass es keinen freien Platz in irgendeiner Gaststätte mehr gab. Im Stall musste sie ja nun aber trotzdem nicht schlafen, insofern gab es noch ein Happy End. So geht es also auch.

Bei Martin und mir lief die Reise hingegen völlig unspektakulär ab. Das Hostal (wir wohnten übrigens im selben wie die beiden, bzw. drei, oben erwähnten Damen) liegt fünf Minuten zu Fuß vom Busbahnhof entfernt und wir begaben uns auf direktem Wege dorthin. Das einzig Spektaluräre (im negativen Sinne) waren Martins blaue Flecke am ganzen Oberkörper, die entstanden, weil sich die Tragegurte seiner 20 Kilogramm schweren Reisetasche so tief in seine Arme gedrückt hatten, was mir dann einen kleinen Schock versetzte (seine Arme sahen wirklich ungesund aus). Mit meinem Rollkoffer hatte ich zum Glück keinen Grund zur Klage. Die Besitzerin des Hostals Manjón machte uns auf unser Klingeln hin auch sogleich die Tür auf und erwies sich als rührend besorgte junge Spanierin. Später erwies sich dann, dass es zwei von ihr gab, das Hostal untersteht der Leitung von eineiigen Zwilligen. Dass wir nicht immer mit ein und derselben Frau gesprochen hatten, fiel uns aber erst auf, als wir sie dann nach zwei Tagen mal zusammen sahen. Beide waren sehr hilfsbereit und lieb. Mein Mediktament zur Heuschnupfendesensibilisierung haben sie gleich für mich im Kühlschrank aufbewahrt und jeden Tag besorgt nachgefragt, ob ich denn etwas davon bräuchte (ich glaube, sie dachten, es wäre Insulin). Als ich mich besorgt zur Wohnungssuche äußerte, erklärten sie mir gleich, es wäre doch ganz einfach, in Burgos ein WG-Zimmer zu finden, aber wenn wir wirklich nichts fänden, würden sie da jemanden kennen, der gerade eine neue Wohnung gekauft hat und diese untervermietet.

Das Hostal Manjón war noch eine der günstigeren Unterkünfte. Trotzdem bezahlten wir zunächst einmal 45 Euro pro Nacht für ein winzigkleines Zimmer, in dem man sich kaum umdrehen konnte. Hier hatten wir immerhin noch ein Bad. Nach der zweiten Nacht sind wir in ein billigeres Zimmer für 39 Euro umgezogen, wo es dann nicht einmal mehr eine eigene Toilette gab, zu sehen auf dem Foto. Wir wussten ja nicht, wie lange wir noch bleiben würden.

Gleich am ersten Tag widmeten wir uns dann auch der Wohnungssuche, um diesen Zuständen zu entfliehen. Wir besuchten die Uni und begaben uns zum servicio de relaciones internacionales, der für die Betreuung der Erasmus-Studenten zuständig ist. Bei der Wohnungssuche konnten sie uns leider nicht wirklich weiterhelfen. Zwar zeigte die nette Mitarbeiterin uns die Wohnungsbörse auf der Uni-Website, aber die hatte ich ja nun auch vorher schon allein gefunden. Wenigstens konnten wir in der Uni das Internet nutzen und einige freie Zimmer im piso compartido (WG) recherchieren. Außerdem gibt es im ganzen Unigebäude an zahlreichen Pinnwänden Anschläge zu zu vermietenden Wohnungen und WG-Zimmern. Ich rief gleich bei zwei Anbietern an und war etwas frustriert, weil ich die Spanier zunächst nur sehr schwer am Telefon verstand. Zudem war das Zimmer in der einen Wohnung schon vergeben und die andere Wohnung hätten wir im Ganzen für 750 Euro im Monat mieten müssen (und das lag e t w a s oberhalb unseres Limits). Achtung bei der Suche von Zimmern: WG-Zimmer kosten zwischen 140 Euro und 250 Euro. Dazu kommen noch die Nebenkosten ("más gastos", "gastos no incluido", "gastos aparte"). Da es in Burgos sehr kalt werden kann, sollte man bei der Wohnungsbesichtigung darauf achten, dass es eine Heizung gibt (ist aber fast immer vorhanden) und die Fenster gut schließen. Außerdem ist die Qualität der Wohnungen sehr unterschiedlich. Und auch das Vorhandensein eines Internetanschlusses ist nicht selbstverständlich.

Kurzerhand fotografierte Martin alle Aushänge am Schwarzen Brett einfach ab und wir gingen erschöpft zurück ins Hotel, wo wir eine äußerst unruhige Nacht verbrachten, weil uns der Gedanke an die Wohnungssuche quälte.
Am nächsten Tag ging es uns dann aber doch noch ganz einfach von der Hand. Schon der dritte Anruf unserer sortierten Nummern trug uns eine sofortige Wohnungsbesichtigung ein. Eine Wohnung in der Nähe der Uni (in etwa 15 Minuten zu Fuß erreichbar), mit Internetanschluss (aber zunächst leider noch ohne Vertrag) und zwei freien Zimmern. Und das Beste: Die Wohnung ist ganz neu eingerichtet, zwei Badezimmer, ein Riesenwohnzimmer, schöne Küche und große Zimmer.

Da mussten wir natürlich sofort zuschlagen. Jetzt haben wir einfach zwei Zimmer gemietet, eins als Schlafzimmer und eins als Arbeitszimmer und damit haben wir jede Menge Platz. Aufgrund meiner Erfahrungen in Andalusien hatte ich gar nicht damit gerechnet, dass es in Spanien überhaupt Wohnungen mit so hohem Standard gibt. Im Nachhinein betrachtet, hatten wir wirklich großes Glück. Unsere WG-Genossin hat sich 10 Wohnungen in zwei Tagen angesehen und schon fast beschlossen, wieder zurück nach Hause zu fahren, bis sie hier schließlich glücklich eingezogen ist. Der einzige Wermutstropfen: Wir sind drei Deutsche. Das würde ich eigentlich nicht empfehlen, aber man muss eben abwägen. Zudem bekommen wir nächste Woche noch einen spanischen Mitbewohner aus Salamanca hinzu, der hoffentlich das Spanisch-akquirierende Element bei uns sein wird.

Veröffentlicht in Burgos

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