Mein Burgos

Das erste Feedback, welches ich in Deutschland stets auf meine Ansage bekam, dass ich nach Burgos gehe, war ein fragender Blick. Wo das denn liege. Mit Baskenland lagen ja diejenigen, die sich zu raten getrauten, schonmal nicht ganz falsch. Burgos liegt zwar in der Provinz Castilla y León, aber immerhin doch in der Nähe des Baskenlands. Burgos ist eine Station auf dem Camino de Santiago, dem berühmten, von Hape Kerkeling begangenen Jakobsweg und befindet sich in etwa 250 Kilometer nördlich von Madrid.

Mit weniger als 200.000 Einwohnern ist Burgos zwar nur eine kleine Stadt, aber von doch bitte nicht zu unterschätzender historischer Bedeutung. Ursprünglich wurde hier im 9. Jahrhundert eine Befestigung zur Bekämpfung der Mauren gegründet und ab dem 11. Jahrhundert wurden die spanischen Könige in Burgos gekrönt. Während der Diktatur stellte Burgos die Basis von Francos nationalistischer Regierung dar. Die mittelalterliche Altstadt ist in Teilen recht gut erhalten. Zu erwähnen sind die Kathedrale, von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt, und der Arco de Santa Maria, hier wunderschön von Martin fotografiert. Der Bogen ist der alte Eingang zur Stadt. Teile der Stadtmauer kann man auch heute noch entlanglaufen bis zur Burg, die leicht erhöht über der Stadt thront. Aber gleichzeitig könnte Burgos architektonisch gesehen nicht gegensätzlicher sein. Abgesehen von der Altstadt befinden sich hier zahlreiche Neubaugebiete mit hypermodernen Hochhäusern, die vielen Menschen Platz zum Leben bieten. Auch die Universität legt hiervon Zeugnis ab. Der Universitätskern ist ein altes, sehr zu bewunderndes Gemäuer und beherbergt außer dem Hauptgebäude auch die juristische Fakultät. Die Bibliothek, genauso wie die restlichen Fakultäten, sind Neubauten, Blöcke in der Landschaft. Sie sähen nun vermutlich gar nicht so schlimm aus, wenn die Diskrepanz zu dem schönen alten Gebäude nicht so augenfällig wäre.

Und Burgos hat natürlich auch seinen Helden: El Cid stammt aus der Gegend und liegt gemeinsam mit seiner Frau in der Kathedrale begraben. Ich werde mich bei Gelegenheit erkundigen, ob eine gewisse Ähnlichkeit zu Charlton Heston bestand.

Burgos hat den Ruf, erzkonservativ zu sein. Ob dieses Gerücht der Realität entspricht, wird sich wohl noch herausstellen. Bisher kann ich nur in einem positiven Sinne sagen: Burgos erscheint mir eine sehr sichere Stadt zu sein und das ist für Spanien keinesfalls selbstverständlich. Wenn die Situation in Burgos mit der Kriminalität in einigen andalusischen Städten vergleiche, bin ich doch sehr erstaunt. Man - und frau - kann nachts unbedenklich durch die Stadt spazieren. Es gibt auch nicht soviele der in anderen Städten typischen, superengen Gässchen. Die Straßen sind eher breiter und gut beleuchtet. Hier leben viele Familien mit kleinen Kindern - vielleicht gerade deswegen. Den Ruf, die Stadt mit dem reinsten gesprochenen Spanisch zu sein, kann ich für Burgos hingegen bestätigen. Zumindest versteht man die meisten Spanier hier sehr gut. Zum Spanischlernen ist Burgos also wunderbar geeignet.

Oben sprach ich von der ersten Reaktion der Deutschen, wenn ich erzählte, dass ich für eine Zeit nach Burgos gehen werde. Sprechen wir nun von der Reaktion der Spanier. Im Juni war ich für zwei Wochen auf Sprachreise in Sevilla (übrigens eine der schönsten Städte Europas, nach meiner Meinung). Welchem Spanier auch immer ich von meiner Absicht berichtete, er schüttelte sich und zog die Schultern ein. "Brr, hace frío en Burgos." - Es ist kalt in Burgos. Die Stadt ist etwas höher gelegen und tatsächlich ist das Klima hier für Spanier sehr kalt. Die Temperaturen sind eher mit den Temperaturen Berlins zu vergleichen. Für Urlauber wahrscheinlich enttäuschend, zum Studieren meines Erachtens aber bei weitem besser geeignet als die 40 °C, die ich im Juni jeden Tag in Sevilla genießen durfte. Momentan ist es mit 20 °C noch sehr schön, aber bereits am Montag soll es wieder kälter werden. Wie kalt es hier im Winter wirklich wird, weiß ich nicht, aber in jedem Fall sinken die Temperaturen häufiger unter Null. Ich werde Euch über bemerkenswerte Wetterbedingungen auf dem Laufenden halten.